Der Fluch des Drachen (German Edition) by Michelle Natascha Weber

Der Fluch des Drachen (German Edition) by Michelle Natascha Weber

Autor:Michelle Natascha Weber [Weber, Michelle Natascha]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3
veröffentlicht: 2014-10-19T22:00:00+00:00


20

Einsamkeit

DIE STURMBRAUT FLOG seit Stunden über das aufgewühlte Meer. Der Wind hatte aufgefrischt und schlug gegen die riesigen, hellen Ballons, in die sich die Segel verwandelt hatten. Wann immer sie durch die Fensterfront hinabsah, fand Neah nichts als die Wellen des graublauen Ozeans, keine Spur mehr von festem Boden. Es gab nur Himmel und Meer, unendliches Blau mit Flecken von Weiß dazwischen. Sie registrierte es kaum. Der dumpfe Schmerz in ihrem Herzen hatte die Angst schon lange verdrängt.

An die endlosen, einsamen Stunden hatte sich ein gemeinsames Abendessen mit dem Kapitän angeschlossen. Kaemor war ebenso munter und charmant wie zuvor. Trotzdem waren seine Bemühungen, die Stimmung zu heben, zum Scheitern verurteilt. Sie hatte seinen Erzählungen über die Funktionsweise der Sturmbraut nur mit halbem Ohr gelauscht. Auch der König war schweigsam und in sich gekehrt. Sie hatten es vermieden, einander anzublicken und nachdem sie die Mahlzeit beendet hatten, hatten sich ihre Wege sofort getrennt. Sie wusste nicht, wohin er verschwunden sein mochte, doch es schien nicht in seiner Absicht zu liegen, die Kajüte mit ihr zu teilen.

Noch immer fehlte von der Mannschaft jegliche Spur. Kaemor sorgte allein dafür, dass das Schiff auf Kurs blieb, aber es war ohnehin nur wenig Aufwand nötig. Die Sturmbraut war ein magisches Gefährt. Gelegentlich bediente er metallisch glitzernde Hebel und Apparaturen, die sich in einer geschützten Kabine am Heck des Schiffes befanden. Er stellte Berechnungen an und prüfte die Stärke des Windes, um den Kurs zu korrigieren. Mehr bedurfte es nicht, um das Schiff in der Luft zu halten.

Dennoch war die Sturmbraut nicht gänzlich unbemannt. Noch vor dem Mittag hatte Kaemor eine Dienerin zu Neah gesandt, die sich um ihre Bedürfnisse gekümmert hatte. Es war eine seltsame Kreatur, die keinem Volk angehörte, das sie kannte. Sie war geisterhaft bleich. Ihr Haar war so weiß wie das des Kapitäns, es schien selbst in der Windstille stets von einem Luftzug bewegt. Ihre Augen waren ebenso farblos, sie leuchteten in einem hellen Grau. Ihr Körper war ungewöhnlich lang. Sie überragte Neah um zwei Köpfe und war dabei so spindeldürr, dass sie wirkte, als ob sie in jedem Augenblick zerbrechen könnte. Sie sprach nicht, hatte jedoch keine Schwierigkeiten damit, zu verstehen, was Neah sagte. Es war ein unheimliches Wesen, dessen Anwesenheit ihr Unbehagen einflößte.

Später hatte sie von Kaemor erfahren, dass ihr Name Iolis lautete und dass man ihr Volk als Windläufer bezeichnete. Sie lebten auf schwebenden Felsformationen, auf denen sie ihre Behausungen errichteten. Es war ein Volk von Nomaden, die überall und nirgends zuhause waren. Sie blieben niemals lange an einem Ort. Somit entsprach Iolis‘ Dasein auf der Sturmbraut eindeutig den Vorlieben ihres Volkes.

Windläufer kommunizierten nicht auf normalem Wege. Sie bedienten sich einer stummen Gebärdensprache oder tauschten über eine mentale Verbindung Gedanken aus. Auch Kaemor verständigte sich auf diese Weise mit Iolis. Neah sah nie, dass er ein Wort an die Frau richtete. Dennoch war an ihrem Mienenspiel zu erkennen, dass sie sich austauschten. Iolis schien mehr zu sein als eine einfache Dienerin. Ihre Kleidung ähnelte der des Kapitäns und ebenso wie er war sie bewaffnet.



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